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Julia Kührer

Die 16-Jährige Julia Kührer wurde am 27. Juni 2006 das letze Mal gesehen, als sie aus einem Bus in ihrem Heimatort Pulkau ausstieg. Ihre Leiche wurde fast auf den Tag genau fünf Jahre später am 30. Juni 2011 nur wenige Kilometer entfernt in einem Erdkeller gefunden. Passanten hatten das Grundstück Dietmannsdorf 3 in der Gemeinde Zehlendorf betreten, weil beim Spielen mit dem Hund der Ball über die Grundstücksgrenze geflogen war. Bei der Suche mit der Taschenlampe hatten sie den mit einer Spannplatte abgedeckten Kellereingang entdeckt und waren dort auf Knochenreste gestossen, die anhand des Zahnschemas schon am nächsten Tag der vermissten Julia Kühler zugeordnet werden konnten. Gerüchte besagten auch, dass die beiden Männer eigentlich nach Getränken Ausschau gehalten hatten. Doch wie auch immer der Zufallsfund zustande gekommen war, er beendete die Ungewissheit über Julias Verbleib, die ihre Familie seit Jahren quälte. Andere Fragen blieben aber weiterhin unbeantwortet: Wie war Julia ums Leben gekommen und wer hatte das junge Mädchen getötet?

Die genaue Todesursache konnte aufgrund der langen Liegezeit nicht mehr rekonstruiert werden. Laut Gerichtsmediziner lag aber mit hoher Wahrscheinlichkeit Fremdverschulden vor. Die Überreste der Leiche wiesen Brandspuren auf. Man nahm an, dass der Täter versucht hatte, die Leiche mittels Brandbeschleuniger anzuzünden und unkenntlich zu machen. Die über ein halbes Jahr dauernde gerichtsmedizinische Untersuchung ergab, dass der Fundort der Leiche nicht der Tatort war, und dass Julia bereits zum Zeitpunkt ihres Verschwindens im Jahr 2006 verstorben war.

Der Tatverdächtige Michael K.

Einen Tag nach dem Fund wurde der Besitzer des Grundstücks, der 50-Jährige Michael K. festgenommen. Er war bereits Jahre zuvor im Zusammenhang mit dem Verschwinden von Julia Kührer ins Visier der Fahnder geraten. Die Videothek, die er in Pulkau zum Tatzeitpunkt führte, lag  gleich gegenüber dem Wohnhaus von Julias Eltern und war ein beliebter Treffpunkt von Jugendlichen. Kurz nach dem Verschwinden von Julia hatte Michael K. sein Geschäft aufgelassen und war nach Wien gezogen. Dass die Tote nun gerade in seinem Keller gefunden wurden, ließ mehr als einen Zufall vermuten. In den fünf Jahren, in denen das junge Mädchen vermisst wurde, wurde Michael K. insgesamt viermal von der Polizei befragt und auch auf dem Grundstück in Dietmannsdorf besucht. Da es sich aber nur um eine Erhebung und nicht um eine Hausdurchsuchung handelte, hatten die Beamten den Keller nicht betreten.

Michael K. beteuerte seine Unschuld und behauptete am Tattag mit einem Freund in Tschechien gewesen zu sein, um DVDs zu kaufen. Ein Alibi, das besagter Freund allerdings nicht bestätigte. Trotzdem musste die Polizei Michael K. am 3. Juli 2011 aufgrund der dünnen Beweislage wieder auf freien Fuß setzen. Fünf Monate später gab es weitere Indizien, die Michael K. belasteten. Eine genaue Auswertung der Handydaten hatte ergeben, dass sein Telefon am 27.7.2006 in Pulkau eingeloggt gewesen war.

Die Leiche von Julia war in eine blaue Decke gewickelt.

In der Nähe der sterblichen Überreste von Julia Kührer hatten die Beamten, außer den zum Großteil verbrannten Habseligkeiten von Kührer – Rucksack, Kleidungsstücke und ein Schulbuch – auch Fragmente einer blauen Decke der Marke „Borbo Orion“ gefunden, die in Österreich nur 276 mal verkauft worden war. Trotz der Seltenheit dieser Decke und obwohl auf den Aufruf hin dutzende Hinweise bei der Polizei eingingen, führte die Spur vorerst ins Lehre. Bis im Dezember 2012 der Einsatz einer Analysemethode, die auch im Fall Mirko angewendet worden war, zum Erfolg führte. Aus einer Hautschuppe auf den Überresten der Decke konnte die DNA von Michael K. nachgewiesen werden. Diese Tatsache und die Logtaten seines Handys führten schlussendlich im Dezember 2012 zu seiner Verhaftung. Ein weiteres Indiz lieferte das toxikologische Gutachten, dessen Ergebnisse am 8. Jänner veröffentlicht wurde. Demzufolge wurden in Julias sterblichen Überresten Rückstände der in der Droge Crystal enthaltenenSubstanz Methamphetamin festgestellt. Hinweise besagen, dass der Ex-Videothekbesitzer Jugendliche aus Pulkau und Umgebung mit eben dieser Droge beliefert haben soll.

Michael K. sitzt derzeit in U-Haft und wartet auf die Anklage, die noch vor Sommer erwartet wird.

Nachtrag Juli 2013: Im April 2012 wurde Mordanklage gegen Michael K. erhoben, gegen die er allerdings Einspruch eingelegt hatte. Im Juni 2013 zog Michael K. den Einspruch überraschend zurück. Der Prozess wird nicht vor September stattfinden.

Nachtrag September 2013: Nach sechs Verhandlungstagen wurde Michael K. am 24. September 2013 zu lebenslanger Haft verurteilt.

Im März 2014 setzt das Oberlandesgericht Wien die Strafe gegen den ehemaligen Videothekenbesitzer auf 20 Jahre herab. Dieser beteuert weiterhin seine Unschuld und schreib aus der Haft Briefe an Julias Eltern.

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